Heute war der Termin bei der Bank. Ich war wirklich nervös und froh, dass ich schon den ganzen Tag dissoziierte – wobei das für mich so nicht stimmt. Für mich ist Dissoziation erst dann wirklich, wenn gar keine Steuerbarkeit mehr gegeben ist.
Wenn ich mir von außen zuschaue (das kann man sich vorstellen als würde ich oben auf der Türkante sitzen und von dort zuschauen wie mein Körper/ich mit anderen interagiere – also wie ein Zuschauer von außen) zwar auch keine 100% Steuerbarkeit hab, aber durchaus noch Verhalten oder auch was ich sage steuern kann – ist das für mich nicht wirklich Dissoziation – auch wenn es das fachlich durchaus so ist, wenn ich mir von außen zuschau usw.
Egal – wichtig war mir schon, dass ich noch weiß was ich tue und naja – funktioniere – mir von außen keiner ansieht wie es innen aussieht und ich vor allem das, was von mir erwartet wird, auch abliefern kann.
Der Termin war lang und anstrengend und mühsam. Weniger wegen des Inhaltes, mehr weil es immer mehr Kraft kostete die Fassade, das Funktionieren aufrecht zu erhalten.
Ich rutschte auch immer weiter weg was die Steuerbarkeit angeht, aber ich weiß was passiert ist und es ist auch alles gut so.
Erst sah es – wie erwartet – nicht gut aus. Geringes Einkommen usw. Da aber der Rest wohl nicht so schlecht aussieht (Schufa und Co) war im Endeffekt das Ergebnis, dass ich den Kredit bekomme.
Also auch alles durchgelesen, unterschrieben, nach Hause gefahren – mich unbändig gefreut, festgestellt, dass das Rad heute sogar nochmal deutlich runtergesetzt ist, wegen einer kurzzeitigen Aktion, mit MissMutig telefoniert, weil das Geld ja erst morgen (spätestens morgen früh hieß es) auf dem Konto sein sollte, mich doch für Vorkasse bei der Bestellung entschieden und dann kam ein Anruf.
Es gibt ein Problem. Auf den Rentenbescheiden steht ja nicht meine Adresse, sondern die des Betreuers.
An sich auch kein Thema, der schreibt nen Zweizeiler, dass ich die Finanzen eigenständig regeln darf und gut ist. Nur dass er – wie ich vorher nicht wusste – in Urlaub ist.
Irgendwie wissen die jetzt nicht recht wie damit umgehen und wir verbliegen, dass sich er Betreuer halt nach seinem Urlaub bei denen melden wird.
Auf der einen Seite kann ich das natürlich gut verstehen – die wollen sich absichern. Allerdings ist bekannt, dass der Betreuer das Konto kennt (ist ja als zusätzlicher Nutzer eingetragen und musste dafür auch unterschreiben). Außerdem ist es eigentlich so, dass es egal ist – nur wenn ein Schreiben vorliegt dass ich NICHT eigenständig die Finanzen regeln darf, brauch ich von ihm ein Einverständnis. Dann allerdings für alles – für Abhebungen, Überweisungen (die einen bestimmten Betrag übersteigen, den ich mit Sicherheit schon mehrfach überstiegen hab) usw.
Also eigentlich ist es gar nicht möglich, dass diese Einschränkung besteht, weil dann der Betreuer gar nicht als Kontonutzer, sondern als Betreuer dort gemeldet wäre MIT dem Schrieb, dass alles über ihn laufen muss.
Er kann also gar nicht zustimmen, sondern nur schreiben, dass ich das eigenständig entscheiden und regeln darf.
Wird er auch machen – das ist nicht das Problem – aber halt erst, wenn er aus dem Urlaub wieder da ist.
Ich hab halt eher Schiss, dass die dann jetzt sagen: nö ist uns zu heikel, lehnen wir im Zweifel lieber ab – und gar nicht auf diesen Schrieb vom Betreuer warten (wollen).
Es hat schon einen Grund, warum ich nicht einfach drauf vertraue, dass das schon so klappen wird und mich für die Vorkasse entschieden hab (und auch das nur, weil halt das Angebot am ablaufen war und diese Ersparnis für mich doch bedeutet, dass ich einen Akku dafür für lau krieg – einen Akku, den ich wohlgemerkt auch dringend brauche) und nicht drauf vertraut hab, dass es schon klappen wird und ja eh erst morgen abgebucht werden kann.
Nicht drauf vertraut, dass es heute noch drauf ist (als ich dort war hieß es noch, ich könnte es theroetisch gleich mitnehmen) oder eben spätestens morgen früh, es mir auch nicht reichte, dass ich es schriftlich hab, dass ich das Geld kriege (da steht glaub ich kein Darum drauf wann), sondern eher ein „ich glaub das erst wenns auf dem Konto ist“.
Wie auch immer. Sehr wahrscheinlich bekomme ich den Kredit. Es gibt noch eine kleine Hürde und da hoffe ich jetzt einfach, dass sich das auch regeln wird.
Und das bedeutet: sehr wahrscheinlich bin ich bald mobil! In einem Umfang, den ich schon über 10 Jahre nicht mehr hatte und den ich ehrlichgesagt immer noch nicht wirklich glauben kann. Nicht fassen kann.
Trotzdem – dieser kleine Restzweifel bleibt. Oder eher Angst als Zweifel. Dass ich es doch wieder verlieren könnte.
Angst, dass ich mich auf etwas freue, etwas, was mein Leben so tiefgreifend auch verändern kann, erweitern kann – und dann geht es doch nicht.
Diese Angst hat mich gehindert zu träumen, hat das Hoffen so sehr eingeschränkt, die Angst vor dem Absturz, wenn es doch scheitert.
So ganz hat sich die Hoffnung nicht auslöschen lassen, so groß der Traum. Doch am Montag war dann nur noch sehr wenig davon da. Ein klitzekleines Flämmchen, ein „vielleicht hab ich a doch ein bisschen Glück, vielleicht gewinn ich ja doch im Lotto oder so – so schön wär es“.
Doch nicht dieses Flämmchen ließ mich den Termin bei der Bank machen, sondern die Angst. Die Angst alles zu verlieren, die Verzweiflung die einzog, als ich hörte, dass es doch etwas drüber ist – über mein Limit. Nicht viel – aber etwas.
Die nochmal suchen ließ, günstigere Varianten fand, was dann wieder im „wenn ich einen Kredit kriegen würde, würde es gehen“-Bereich eröffneten.
Kredit – unwahrscheinlich – aber anderes geht es erst recht nicht. Es war das allerletzte Fünkchen Hoffnung. Diesmal mehr genährt von der Angst. Wie paradox.
Das es gut ging, dass es jetzt wirklich so aussieht, als würde das alles klappen (dazu noch kam grad ne mail vom Betreuer, dass er zwar den Betreuungsausweis grad nicht schicken kann, weil er im Ausland ist, er aber schon mal eine mail an den Sachbearbeiter schickt und den Rest dann nächste Woche regelt – eine mail, die wieder mehr Hoffnung macht, hoffen lässt, dass die Bank sich nicht „im Zweifel stornieren wir das lieber“ entschiedet) – ich glaub das kann ich immer noch nicht fassen.
Dabei geht es gar nicht um das Fahrrad an sich, den Gegenstand. Sondern um die Möglichkeiten. Die schönen und anstrengenden – einfach loszufahren, rauszukommen, Pokemon-Runden zu fahren, einfach Milch kaufen zu können, weil sie grad fehlt – ohne groß organisieren müssen wie ich zum Laden komme, aber auch Angsttrainings – auch die waren ja immer abhängig davon, dass ich wo hin kam – ich hab sie halt gemacht, wenn ich wo vor Ort war oder mit dem Betreuer hinfuhr – vielleicht sogar irgendwann wieder regelmäßig schwimmen gehen können.
So vieles, was einfach wegen dem „nicht hinkommen“ nicht möglich war – so viele Jahre.
Klar gibt es immer noch Einschränkungen – äußere (Wetter! – sobald es glatt ist oder Schnee komm ich hier mit dem Rad nicht mehr hoch) und innere (auch die Ängst werden nicht von heut auf morgen verschwinden – nächstes Ziel: auch ohne Termin/Begleitung raus können – ich kann mir zwar immer einen Pokemon-Go-Raid als Termin setzen (die nehmen das hier mit der Anmeldung zu einem Raid ziemlich genau), aber Ziel ist dass ich auch ohne es schaffe raus zu gehen, auch mal ohne konkretes Ziel loszugehen/-fahren, ohne erstmal Überwinden müssen und Panik raus gehen zu können), sowie auch körperliche – nicht alles werde ich so machen können wie ich gerne würde, aber auch da hoffe ich, dass ich mir Regelmäßigkeit mehr Fittness und mehr Stabilität in den Gelenken erreichen kann.
Es ist das Gefühl, als würde plötzlich eine Welt offenstehen. Das klingt so pathetisch – ich glaub, das kann nur jemand verstehen, der die Einschränkung selbst über viele Jahre erlebt hat.
Es ist für mich eine Welt. Bisher ging das immer nur wenn mich jemand fuhr – sei es dass es von der Krankenkasse, dem Betreuer oder Freunden übernommen wurde – ich war immer abhängig. Und entsprechend reduziert sich das – die Kasse übernimmt Arzt-/Therpaietermine, mit dem Betreuer fährt man Einkaufen oder macht Besorgungen, die sonst nicht gehen, mit Freunden unternimmt man dann was – aber auch da – kein sponates Treffen vor Ort zum kurzen Kaffee oder so – sondern halt immer mit holen und bringen.
Zur Messe/Gottesdienst ging es nur wenn mich jemand fuhr – was in letzter Zeit kaum noch möglich war. Oder wenn ich selbst das Geld fürs Taxi bezahlte – was auch nicht oft möglich ist.
Der Gedanke, das das hinkommen mal nicht mehr so ein oranisatorischer (und abhängiger) Part ist – das ist das, was ich nicht fassen kann. Es ist so eine unglaubliche Chance.
Ich schreibe „ist“ – nicht „wäre“. Trotz der Restangst, die vielleicht eher die Angst ist, dass so was Gutes gar nicht wahr sein kann. Nicht für mich. Dass da ein Haken sein muss, einer, der das Gute unmöglich macht.
Manchmal kann für den Moment auch Gutes zu viel sein. Auch wenn es gar nicht das Gute ist, was zu viel ist, sondern die Angst drauf zu vertrauen.