Donnerstag

Heute einer der schlechteren Tage, dabei hat er recht gut angefangen.

Also geschaut, wann sich das geändert hat.

Tja – als ich erfuhr, dass zu meinen der Vertretungs-Betreuer gar nicht die ganze Woche da ist, sondern nur von Mo-Mi (das war gestern) kippte es ja schon. Das ging dann heute früh einigermaßen. Bis ich erfuhr, dass die Buchbinderei weitestgehend ausfallen wird. Vertreten werden nur 1,5 Stunden  in einem Termin die Woche.

Sie versucht jetzt, ob ich vielleicht Freitag dazu machen kann.

Das wäre gut – keine Frage. Bedeutet aber auch, dass ich dann den Betreuungstermin verschieben muss.

Fazit: Ab nächster Woche Donnerstag gibt es für gut 3 Wochen wieder keinerlei Struktur, sondern nur Chaos.

Und schon haben wir den Grund.

Es mag körperlich gut gehen und auch psychisch ist es trotz all der Umstände immer noch recht gut. Aber dafür brauche ich eben diese Struktur. Die Regelmäßigkeit, das wissen wann welcher Termin ist, die dadurch auch die Woche strukturieren.

Das gibt mir Sicherheit. Es ist wie ein Handlauf auf einer sehr wackeligen und engen Hängebrücke, den ich brauche um nicht abzustürzen vor lauter Überforderung in Panik zu verfallen un völlig zu erstarren.

Und ja – es hilft, wenn wenigstens noch Bruchstücke des Handlaufs da sind – aber eben nur um grade so noch irgendwie den Absturz zu verhindern.

Das ist mit ein Grund, warum ich drei feste Betreuungstermine habe. Feste Termine in der Buchbinderei – und dass all diese Termine aufeinander abgestimmt sind.

Wenn ein Teil wegfällt – wird es schwierig. Wenn beide Teile wegfallen, macht das Angst. Weil ich dann weiß, wie viel mehr Kraft und Energie wieder schlicht nur in „den Tag irgendwie überleben“ gesteckt werden muss.

Auch mit dem Wissen, dass ich das schon irgendwie hinkriegen werde – bedeutet es massive Einschränkungen und wieder ein zurück zu „irgendwie überleben“ und das ist nichts, worauf ich mich freue.

Das sind die Momente, in denen die Einschränkungen im Alltag, die Dinge, die eben nicht gehen – wieder so in den Vordergrund rücken. Weil alles wieder zum einzigen Kampf wird.

Ich weiß, ich sollte froh sein, dass es eine Vertretung gibt und in der Buchbinderei versucht wird, auch den Freitag für mich frei zu schaufeln usw – dafür bin ich auch dankbar. Sehr sogar.

Das kann ich auch sehen. Aber ich sehe halt leider auch die immer größer werdenden Lücken im Handlauf.

Die Brücke ist von Natur aus schon mit immer mal wieder größeren und kleineren Spalten in den Bodenbrettern. Mal fehlt auch eins. Je nach Witterung schwankt sie mehr oder weniger und zur Zeit ist es eher stürmisch.

Grade dann brauche ich die Sicherheit eines stabilen und durchgänigen Handlaufs – damit ich den Winden und Stürmen trotzden kann, damit ich wieder festen Boden unter die Füße kriege – Stabilität – Gleichgewicht halten, um nicht zu fallen. Damit ich dann auch weitergehen kann.

Wenns eh schon wackelt und man um Gleichgewicht ringt, kann man nicht noch mehr Stürme oder Wegfall von Sicherheitsleinen brauchen.

Es mag hochnäsig klingen oder wie ein Luxusproblem – aber „eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht in den Tod stürze“ reicht mir nicht mehr. Ich will nicht wieder den ganzen Tag damit zubringen irgendwie zu überleben. Will nicht dass es nur darum geht.

Ich will mehr. Will sein. Genießen.
Nicht immer nur kämpfen um zu überleben.

Ich will auch leben.

Dieser Beitrag wurde unter Betreuung, Beziehungen/Kontakte, destruktives Verhalten, Erinnerungen, Grenzen, kleine Schritte, Krisenmodus, Leben, Psycho-Somatik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Donnerstag

  1. Angelika schreibt:

    Liebe Ilana, das ist überhaupt kein Luxusproblem und es ist auch nicht hochnäsig.
    Ganz und gar nicht.
    Ich kenne das, ich nenne sie Säulen und wenn da zuviele wegbrechen ist das Gebäude instabil, wackelt, kann schneller einstürzen (wenn noch was dazu kommt und das kann auch eine -für andere- eine Kleinigkeit sein, für mich dann aber existenziell).
    Wünsche Dir viel Kraft und vielleicht ergibt sich doch noch ein Stückchen Handlauf und Sicherheit!
    Liebe Grüße 🙂

    • Ilana schreibt:

      Danke dir, es fällt mir schwer, das “solange ich noch kriechen kann, geht es ja noch (gut)“ abzulegen.
      Oder auch eben mit den aktuellen Maßstäben zu messen und nicht mit denen, die vor einem halben Jahr galten.

  2. Renée schreibt:

    Auch für mich hört sich das überhaupt nicht nach einem Luxusproblem an. Im Gegenteil, das sind sehr viele ungünstige Umstände auf einmal, und ich kann absolut nachvollziehen, dass dich das ziemlich umhaut und auch bedrohlich wirkt. Ich drücke dir die Daumen, dass du die Zeit irgendwie rum kriegst und sich vielleicht noch was Gutes ergibt, z. B. mit der Buchbinderei oder mit der Radreparatur.

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